Die fehlende Couch von Sigmund Freud

Ein leerer Platz, der mehr erzählt als manche vollgestellte Räume. Hier, im ehemaligen Behandlungszimmer von Sigmund Freud, fehlt die Couch. Die Couch, auf der Freud seine Patientinnen und Patienten in die Tiefen ihrer Träume und Gedanken führte. Sie ist nicht mehr hier, aber ihre Abwesenheit spricht Bände.

Die Geschichte ist einfach und doch komplex: 1938 musste Freud mit seiner Familie vor den Nationalsozialisten fliehen. Dank der Hilfe von Freunden konnte er seine Besitztümer nach London bringen, einschließlich der berühmten Couch. Und nun? In seinem Behandlungszimmer in der Berggasse in Wien sind nur die Spuren geblieben, die sie hinterlassen hat – die Löcher von den Nägeln, die den Teppich an der Wand hielten.

Die ehemaligen Arbeits- und Wohnräume in der Berggasse sind heute als Museum zugänglich. Es wurde aber bewusst darauf verzichtet, die Couch als Kopie wieder auszustellen, denn es wäre eine Verleugnung der dunklen Geschichte, die zu ihrer Abwesenheit führte – wie uns Monika Pessler, die Direktorin, erzählte. Stattdessen fordert der Raum die Besucher auf, ihre Vorstellungskraft zu nutzen. Ein Schwarz-Weiß-Foto von Edmund Engelmann hilft dabei, den Raum in seiner früheren Pracht zu sehen – mit dunklen Rotönen und einem Ofen, der einst die Füße der Patienten wärmte.

Freuds Methode, die Couch als Instrument der Psychoanalyse zu nutzen, war revolutionär. Die liegende Position ermöglichte es den Patienten, sich zu entspannen und offen zu sprechen, ohne die direkte Beobachtung durch den Analytiker. Eine Einladung, tief in sich selbst zu schauen, ohne Hemmungen.

Dieser Raum, ohne die Couch, ist eine Einladung zur Reflexion. Eine Einladung, in ihrer Abwesenheit nach den Spuren der Geschichte zu forschen.

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