Die Leichenstraßenbahn: Die letzte Reise durch Wien

Eine Straßenbahn in Wien, in der sich niemand beschwert. Klingt nach einem Wunder, oder? Doch genau das war die Realität der Leichenstraßenbahn.

Stell dir vor, ein roter Triebwagen, flankiert von zwei schwarzen Beiwagen, die nicht Passagiere, sondern Särge transportierten. Zwölf Türen an jedem Beiwagen, bereit, die letzte Reise von bis zu 24 Verstorbenen anzutreten.

Diese skurrile, doch pragmatische Lösung entstand aus der Not heraus. Im Ersten Weltkrieg mussten Pferde und Bestatter an die Front, und die Stadt suchte nach Alternativen, um die Toten zum Friedhof zu bringen. Von 1918 bis 1928 rollte die Leichenstraßenbahn durch Wien, ein Sonderzug, der die großen Spitäler abfuhr und seine schweigsame Fracht zum Zentralfriedhof brachte. Pünktlich, zuverlässig, ohne Beschwerden.

Im Zweiten Weltkrieg erlebte die Leichenstraßenbahn eine kurze Renaissance. Benzin war knapp, Pferde verhungert, und so griff man erneut auf diese Erfindung zurück. Doch 1944 war Schluss, die Luftangriffe hatten das Schienennetz zu stark beschädigt.

Heute steht ein Modell dieser Straßenbahn im Bestattungsmuseum am Wiener Zentralfriedhof. Ein Stück Geschichte, das zum Nachdenken anregt. In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit großgeschrieben wird, könnte man fast nostalgisch werden. Eine Straßenbahn für die letzte Reise – vielleicht gar keine so abwegige Idee in unserer umweltbewussten Welt.

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